Psychischen Belastungen vorbeugen
Was sollten Unternehmen tun, um psychischen Belastungen in Krisen vorzubeugen?
Führungs- und HSE-Fachkräfte stehen vor der besonderen Herausforderung, Belastungen frühzeitig zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken. Vor allem wenn das Zusammenarbeiten und Führen auf Distanz sowie der Umgang mit entsprechenden Technologien noch nicht zu den üblichen Routinen gehört, müssen schnell und flexibel neue, unbekannte Wege eingeschlagen werden. Damit einhergehende Unsicherheiten können bei allen Beteiligten schnell zu Misstrauen und Unterstellungen führen. Umso mehr sind Sensibilität, Empathie und Vertrauen gefragt, denn Arbeitnehmer bemühen sich gerade in außergewöhnlichen Situationen nach Kräften, ihre Arbeit vernünftig auszuführen, stoßen dabei aber schnell an Belastungsgrenzen.
Nicole Scheibner und Alexander Tirpitz empfehlen Führungskräften in dieser Situation, aktiv anzusprechen, welche Unsicherheiten und Fragen im Team bestehen. Auch der persönliche Austausch mit den einzelnen Beschäftigten sollte regelmäßig und eng erfolgen. Manager sollten jeden Einzelnen fragen, wie gut sich die Situation für ihn oder sie bewältigen lässt und wo das Unternehmen unterstützen kann. Keinesfalls sollte man warten bis die Beschäftigten selbst mit Problemen kommen. Die klare Empfehlung lautet hier, proaktiv vorzugehen.
Das heißt unter anderem, die Arbeit selbst so entlastend wie möglich zu gestalten und auch virtuell Raum für Pausen, Fragen, die Probleme des Teams und des Einzelnen zu schaffen. „Gerade wenn Sie Ihre Beschäftigten nicht regelmäßig sehen, sollten Sie nicht davon ausgehen, dass jeder sich um sich selbst kümmert. Stellen Sie bewusst Fragen und befähigen Sie Ihre Mitarbeiter auch technisch und organisatorisch möglichst effizient und normal zu arbeiten, indem Sie ihnen die benötigten Arbeitsmittel sowie entsprechende Anweisungen an die Hand geben.", empfehlen die Experten.
Eine gute Balance zwischen Erwartung und Machbarkeit
Mitarbeiter sollten Tagesabläufe möglichst nah an der Normalität gestalten und Routinen sowie Abstand zwischen Privatem und Beruflichem bewahren können. Zusätzlich sollten Führungskräfte bestmöglich dafür sorgen, dass die Beschäftigten nicht durch vermehrte Anrufe, E-Mails und Videokonferenzen und die dadurch mangelnde Konzentration überlastet werden. Bestenfalls wird transparent im Team, aber auch gegenüber Partnern und Kunden kommuniziert, wann wer erreichbar ist. So können zum Beispiel Zeiten für konzentriertes Arbeiten und Pausen geblockt werden. Gerade in schwierigen Zeiten, ist es wichtig, die „normale“ Welt bestmöglich (digital) abzubilden und das soziale Miteinander zu stärken.
Durch regelmäßigen Austausch und Abstimmung fühlt sich jeder gehört und gesehen und Missverständnisse kommen gleich zur Sprache. Scheibner und Tirpitz empfehlen Führungskräften, bei den Mitarbeitern um Verständnis zu werben, dass durch die veränderte Arbeitszeitgestaltung – z.B. durch Kinderbetreuung oder Schichtmodelle – nicht jeder permanent erreichbar ist und den Beschäftigten dabei zu helfen, einzuschätzen, wann Schluss ist, um die eigenen Belastungsgrenzen nicht zu überschreiten.