Umwelt & Nachhaltigkeit

So berechnen Sie den CO2-Fußabdruck für Ihr Unternehmen

Bewährte Methoden zur Ermittlung des Corporate Carbon Footprints nach GHG Protocol und ISO 14064

6 Minuten22.07.2022

Von Sandra Gottschall (ConPlusUltra)

Die unternehmerische Verantwortung befindet sich in einem herausfordernden Transformationsprozess. Dieser erstreckt sich im Rahmen des Green Deals von der EU Taxonomie, der kommenden Neuordnung der Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD-Richtlinie), bis hin zu Lieferkettengesetzen. Einst steht dabei fest: Unternehmen sind Schlüsselakteure für einen gesamtgesellschaftlichen Wandel in Richtung Nachhaltigkeit. Sie müssen gegenüber ihren Stakeholderinnen und Stakeholdern immer transparenter werden und dabei sich und ihre Lieferketten nach sogenannten ESG-Kriterien genau unter die Lupe nehmen. Die Methoden, Standards und Kriterien dafür befinden sich zum Teil noch in der Erstellung und weitere Herausforderungen wie der Ukraine-Krieg, Lieferengpässe oder explodierende Energiepreise fordern von Unternehmen ad hoc strategische Neuausrichtungen.

Bei der großen Breite an Herausforderungen für unternehmerische Verantwortung laufen aber doch alle Stränge bei einem Thema zusammen: der Klimakrise. Zur Bewertung des höchsten Risikos – und zugleich der größten Verantwortung – unserer Zeit wurden die Methoden zur Bewertung und Optimierung von Treibhausgasemissionen in den letzten Jahren so stark vorangetrieben, dass wir heute über detaillierte und valide Berechnungsmethoden und international gültige Datenbanken verfügen. Im großen Transformationsprozess gibt es also eine Konstante auf die Unternehmen bauen können: den CO2-Fußabdruck, auch Carbon Footprint genannt.

Den CO2-Fußabdruck für Unternehmen berechnen

Der sogenannte Corporate Carbon Footprint, also der unternehmensweite CO2-Fußabdruck, wird auf Basis von gemessenen oder geschätzten Verbrauchsdaten (Erdgas, Erdöl, Biomasse, Strom, Treibstoffe, Papier, Rohstoffe, etc.) und Emissionsfaktoren ermittelt. Diese beinhalten sowohl das mengenmäßig wichtigste Treibhausgas CO2 aber auch Methan und Lachgas, die in CO2-Äquivalente umgerechnet werden. Die Berechnung des Corporate Carbon Footprint ist keine einmalige Angelegenheit. Die Daten werden jedes Jahr mit dem Ziel aktualisiert, die Emissionen durch stetig umgesetzte Maßnahmen mittels eines laufenden Monitorings zu überwachen und fortlaufend zu reduzieren. Der langfristige, iterative Prozess rund um die Berechnung des CO2-Fußabdrucks dient der kontinuierlichen Verbesserung und ist somit ein optimales Tool für erfolgreiches betriebliches Klimaschutzmanagement.

Der Corporate Carbon Footprint setzt sich aus den direkten und indirekten Emissionen der gesamten Organisation zusammen. Es muss daher eine ganzheitliche Erfassung und Analyse der Emissionen des Unternehmens innerhalb einer klar definierten Systemgrenze erfolgen. Emissionen werden durch Berechnungen aus vorhandenen Daten wie Verbrauchsmengen (z. B. Stromverbrauch pro Jahr, gefahrene Kilometer pro Jahr) und die Zuordnung zu Organisationseinheiten (z. B. Headquarter, Produktionsstandort, externer Dienstleister) ermittelt. Grundlage für die Bilanzierung bildet die internationale Norm ISO 14064, wobei die Differenzierung der einbezogenen Emissionsquellen nach den drei Scopes des GHG Protocol erfolgt:

Die 3 Scopes des GHG Protocol

  • Scope 1 Emissionen (direkt)

    stammen aus Emissionsquellen innerhalb der betrachteten Systemgrenze, etwa unternehmenseigenen Energieverbräuchen von Gebäuden und Anlagen. bzw. dem Treibstoffverbrauch des Fuhrparks.

  • Scope 2 Emissionen (indirekt, vorgelagert)

    entstehen bei der Erzeugung von Energie, die von außerhalb bezogen wird, dies sind vor allem Strom und Wärme aus Energiedienstleistungen (z. B. Fernwärme).

  • Scope 3 Emissionen (indirekt, vor- und nachgelagert)

    sind sämtliche graue Emissionen, die durch die Unternehmenstätigkeit verursacht werden, aber nicht unter der direkten Kontrolle des Unternehmens stehen, zum Beispiel Produktions- und Verbrauchsmaterial, Verpackungen, Entsorgung, Logistik oder Anfahrt der Mitarbeitenden. Diese entstehen vorgelagert zum Unternehmen (also „upstream“) bzw. nachgelagert („downstream“).

Für die Umrechnung von Verbrauchsdaten zu CO2-Daten gibt es verschiedene Wege. Prinzipiell gilt, dass man sich in puncto Datenqualität und Ergebnisvalidität jedes Jahr verbessert und auf wesentliche Details fokussiert. Folgende Tabelle zeigt welche Optionen es gibt:

Unternehmensdaten x Emissionsfaktor

Beispiel

Messbare Daten x Primärdaten

Stückzahl Produkt (St.) x Emissionen pro St.

Messbare Daten x Physikalisch-technische Faktoren

Transportvolumen LKW (tkm) x Emissionen pro tkm

Monetäre Daten x monetär-basierte Faktoren

Wert Maschine (€) x Emissionen pro €

Stammdaten (Proxy) x Industriemittelwerte

Bürofläche (m²) x Emissionem pro m²

Neben einer korrekten Anwendung der genannten Standards sind hier insbesondere die im GHG Protocol definierten Grundprinzipien der Relevanz, Vollständigkeit, Konsistenz, Transparenz und Genauigkeit zu beachten, die sich an den Prinzipien der finanziellen Rechnungslegung anlehnen.

Carbon Footprint im Big Pictures: Professionelles Klimaschutzmanagement

In Zukunft werden Carbon Footprints strengen Prüfungen unterzogen werden. Daher muss langfristig an einer methodisch einwandfreien Datenerhebungs- und Berechnungsmethodik gearbeitet werden. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, muss Klimaschutzmanagement professionell im Unternehmen etabliert werden.

Die generelle Vorgehensweise unternehmerischen Klimaschutzmanagements auf Basis des CO2-Fußabdrucks, lässt sich in folgende Schritte untergliedern:

5 Schritte im CO2-Fußabdruck-Klimaschutzmanagement

  • CO2-Fußabdruck berechnen (Scope 1,2), Wesentlichkeitsanalyse (Scope 3)

  • Hot-Spots (Hebel) und Reduktionspotentiale identifizieren

  • Konkrete Reduktionsmaßnahmen planen & umsetzen

  • Entwicklung einer langfristigen Klimastrategie und Klimaziele für Scope 1, 2, 3

  • Regelmäßiges Monitoring durch ein jährliches Update des Carbon Footprints

Ihre Entdeckungsreise mit dem CO2-Fußabdruck

Expertinnen und Experten sind sich einig: CO2 wird in Kürze neben den klassischen finanziellen Kennzahlen für Banken, Wirtschaftsprüfung, Investorinnen und Investoren aber auch für die Kundschaft und nicht zuletzt für den Gesetzgeber zur zentralen Umweltkennzahl werden. Die gute Nachricht ist, dass die Methoden zur Ermittlung dieser Kennzahl feststehen und vielfach erprobt sind.

Ein Carbon Footprint zeigt Emissions-Hotspots und Optimierungspotentiale auf, mit ihm geht man auf Entdeckungsreise im eigenen Unternehmen, bei den Lieferantenbetrieben sowie bei Kundinnen und Kunden. Es werden keine nutzlosen Datenfriedhöfe geschaffen, sondern nützliche Informationen für die Produktentwicklung, den Einkauf, die Produktion, Marketing und für den Verkauf generiert. Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit sind die Standards der Zukunft und werden massive Wettbewerbsvorteile generieren.

Sandra Gottschall ist Projektleiterin Klimaneutralität bei ConPlusUltra. Sie absolvierte ein individuelles Studium "Nachhaltiges Energie- und Bioressourcenmanagement" und hat über 10 Jahre Berufserfahrung in der Unternehmensberatung in den Bereichen Klimaschutzmanagement, Nachhaltigkeitsberichterstattung, CO2-Bilanzen und Klimakommunikation.

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